Schlagwort-Archive: Tanzoffensive
Schrecken ohne Kontur
(…) Wenn schließlich Megaphon und Gasmasken zum Einsatz kommen, scheint – zumindest für die westeuropäische Erzähltradition – die Grenze dessen erreicht, was Requisiten zu Kunst und Spiel beitragen können: Das Leid hat im Theater dann doch einen individuelleren Zugriff auf seinen Darsteller nötig. Ansätze eines physisch übermittelten Schreckens zeigen sich vor allem in einer Figur: Zweimal greifen Tänzer nach dem kahlgeschorenen Kopf der Spielmeisterin (auratisch-eindringlich: Miryam Garcia Mariblanca) und dirigieren sie über die Bühne. Die Energie kehrt sich plötzlich um und die Welt steht Kopf. Denkbar, dass dies alles, das ganze Aggressionstheater, nur in ihrem Schädel stattfindet. Und wenn es so wäre: zu wenig bleibt es in jedem Fall. (…) Weiterlesen
Der ganze Körper
:Die Tanzoffensive beendet eine hochanregende Theaterwoche:
Das klassische Ballet hat es nicht leicht. Sein Vokabular stammt aus dem späten 19. Jahrhundert; gut möglich, dass die Nutzung seiner Sprache, wie etwa beim Esperanto, mangels Interesse erlischt und sie den Weg in die Museen antritt. Außerdem ist der Schönheitsbegriff ein Luder, er geht mit der Zeit. Etwas Erhabenes kann hundert Jahre später, einfach reproduziert, sehr leicht komisch wirken. Umso mehr, wenn es ihm an Selbstreflexion mangelt. Weiterlesen
Viele Zeichen, wenig Wunder
:Die „Tanzoffensive“ im Lofft müht sich mit drei Auftragsproduktionen:
Handelte es sich bei „Willkommen zu Hause“ um einen kulinarischen und keinen Theaterabend, wäre die Malaise mit einem Vergleich gut beschrieben: Zerlegt man eine Pizza in drei Teile, bleibt es immer noch eine Pizza. Aber was sind drei Sorten Shrimps auf einem Teller? Wohl kein Gericht, sondern eher eine Verkostung. Weiterlesen
Das Herz tanzt
:Die Auftaktinszenierungen der „Tanzoffensive“ lassen an Charakter nichts zu wünschen übrig:
Im gefalteten Programmzettel des Eröffnungsabends liegt ein Mundschutz. Weiß und unschuldig. Niemand im Publikum wird ihn benutzen, und so findet er sich am Morgen danach, clean, auf den Küchentischen und in den Jackentaschen der Besucher. Noch einmal davongekommen. Eine perfide Versöhnungsgeste der Tänzer, die die Nachwirkung der Show auf die nächsten Tage verlängert. Weiterlesen