Frank & Stein

Stellen Sie sich doch einmal vor, „Frankenstein“ sei ein lustiger Film! Unmöglich? Dann sollten Sie ihrer Phantasie auf die Sprünge helfen lassen. Die zwei taufrischen Neuzugänge des Chemnitzer Schauspiels Marc Hetterle und Ralph Sählbrandt geben sich für Sie wirklich alle Mühe. Sie sind die beiden Drehbuchautoren Frank and Stein im gleichnamigen exzellenten Boulevard-Bestseller von Ken Campbell. Als solche kennen sie natürlich die Handlung ihres eigenen Streifens bis ins Detail – und, als der Film, den sie eigentlich nur vorführen wollen, bereits im Vorspann reißt – müssen sie selbst einspringen.

Und nun beginnt ein kleines Feuerwerk an Imitationen, Verwandlungen und Gags aller Art. Für jede Figur ihr typisches Requisit, die zugehörige charakterisitische Mine, die entsprechende Körperhaltung – und das alles in rasanter Geschwindigkeit gewechselt. Der zahnlose Frankenstein senior am Whisky-Tropf wird zum Bergbauern mit bayrischem Idiom, der eben mal den aufgeblasenen Handschuh melkt. Frankensteins Diener verspeist Gehirne und wenn des Bergbauern Tochter Maria vom Monster aus Versehen zerquetscht wird, erklingt als bösartiges Zitat das Maria-Motiv aus der West-Side-Story. Das Humorvorständnis des Inszenierungskollektives ist so schwarz, wie die schwärzeste Nacht; doch dem Publikum bleibt gar keine Zeit sich darüber zu entsetzen: schon bricht sich das Lachen über das nächste Zötchen, die nächsten Bösartigkeit Bahn.

Wer die Schauspielkunst bisher für alles, aber nicht für eine richtige Arbeit hielt, der wird bei „Frank & Stein“ – ganz nebenbei – davon überzeugt, professionellen Handwerkern zuschauen zu dürfen. Dies gilt neben den Darstellern ebenso für die Regie Bernd-Michael Baiers, die mit ihrem Rhythmusgefühl den Abend an keiner Stelle überdehnt. Last but not least – ein Lob an die Herren Voigt und Claußner von der Schauspielmusik, die sich mit sichtlicher Freude in die Niederungen des Geräusche-Machens begeben.

Alles in allem: Eine kleine bösartige Sensation im lieblichen Einerlei des sonstigen Spielplans.

Stefan Kanis für Radio Chemnitz

»Frank und Stein« von Ken Campbell | R: Bernd-Michael Baier | Mit Marc Hetterle und Ralph Sählbrandt | Städtische Theater Chemnitz | Premiere: 07.11.1993

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