Ein Reigen der Lust

Der Soldat geht zur Hure. Das Stubenmädchen treibts mit dem Soldaten. Der junge Herr verführt das Stubenmädchen. Am Ende landet wieder jemand bei der Hure. Der Reigen der Lust – unser täglich Brot.

Das Stück des Wiener Psychiaters Arthur Schnitzler ist knapp hundert Jahre alt, die Skandale um den freizügigen Umgang mit Schlafzimmergeheimnissen sind längst verraucht. Geblieben sind feine, nur einen ironischen Hauch von der Realität entfernte Dialoge, die den Liebesakt vor- oder nachbereiten. Regisseur Herbert Olschok ist aber ein Mann der Tat. Mit seinem Team rückt er den Figuren zu Leibe, hat genauestens hingeschaut, und siehe da: Entstanden ist ein Panoptikum von Typen, die ihre Macken aufs feinste kultiviert haben. Das ist manchmal urkomisch – so als verirrte sich Frau Elster vom Herrn Fuchs zu Pitiplatsch. Und was dann passiert, kann man sich ja vorstellen. Im Saale sitzend, glaubt man gar nicht mehr, in Chemnitz zu sein. Der neue Schauspieldirektor Olschok entfaltet einen künstlerischen Ton, den man schon auf Nimmerwiedersehen im Chemnitzer Theaterstaub verschwunden glaubte. Szenische Phantasie paarte sich am Samstagabend mit analytischem Verstand und exzellentem Handwerk. Die Akteure zeigten sich spielfreudig aber beherrscht und führten ihre Figuren über schon Gesehenes durchweg hinaus. Jemanden besonders hervorzuheben, hieße die Ensembleleistung vernachlässigen. Dazu zählt auch Olaf Altmanns kongeniales Bühnenbild, daß selbstbewußt hauptstädtische Einflüße verarbeitet. Der Reigen – alles in allem eine exzellente Fingerübung in Sachen Theater, die die dem Publikum die Instrumente zeigte. Was mit ihnen demnächst so zusammengezimmmert wird – darauf dürfen wir mit Recht gespannt sein.

Stefan Kanis für Radio Chemnitz

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