Dampferaufgang 6.13 Uhr

Neues Tafeltheater von Wolfgang Krause Zwieback und Christian Sade

Kein Zweifel, daß es so kommen mußte. Krause Zwieback mag die Professionen in denen es hoch her geht, die Flieger in den Lüften und die Steuermänner auf den Wellenbergen. Und zuviel wäre es trotzdem, zu sagen, man hätte es erwartet. Nun ist es passiert. Der Dampfer ist untergegangen. Senkrecht in See gestochen, Kurs aufs offene Malheur.

Das Duo erzählt wunderbare Geschichten von doppelten Belegschaften, quartiert uns ein in verregneten Hotels, überredet uns zu Neuanfängen, wo alles noch drin ist. Unter sternhagelklarem Himmel legen sie ab. Und doch: ihr Schiff kam, sah und versiegte. Und immer fragt der Käpt’n durch sich hindurch seine entgeisterten Zuhörer: Wie konnte das passieren? Spitzbube! Seit Jahr und Tag wissen wir doch alle vom Sägefisch, der stets zum Blattwechsel in den Hafen kommt. Ein launiges Tier, wer will sich da wundern… Nun also ist es geschehen.

Wie immer drängen sich Redner, Oberbügelmeister und Präsidenten, drängen sich um sich, verreißen sich um die Worte, erledigen Bedeutungen – halten ihre nur ihnen gegebenen Reden, festlich umrahmt von Böllerschüsseln.

Krause Zwieback hat sein großes gelbes Herz geöffnet für die Aktivisten des unterWegs. Mit Verve und heiterstem Ernst zieht er die versammelte Mannschaft ins Wunderland sprachlicher Arabesken, in Tiefen voll raschelnder Bläue. Seine Figuren haben Schlagseite vom Leben; Schiffbrüchige, unfreiwillig gestrandet an neuen Ufern. Alles in allem: ein Unding. Wovon man gewöhnlich nicht sprechen kann, darüber will Krause Zwieback – zu unserem Glück – nicht schweigen. In solchen Spähren ist Sades Trompetenspiel das einsame, unerreichte Echolot. Selbstvergessen lauscht es dem bizarren Widerhall der eigenen Strahlung.

Dieser Tage laden die Seefahrer zu drei Dampferaufgängen ins SchiffshebeWerk 2. Wer hier fehlt, der sieht kein Schiff mehr – bis zum nächsten Frühjahr.

Stefan Kanis (KREUZER, 1995)

Wolgang Krause Zwieback | www.krause-zwieback.de

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