zum 20. Todestag / 87. Geburtstag des Dramatikers
»Die erste Gestalt der Hoffnung ist die Furcht – Heiner Müller«
Die erste Gestalt der Hoffnung ist die Furcht – Heiner Müller. Essay von Stefan Kanis.
Sprecher: Franka Anne Kahl und Torben Kessler. Im Originalton: Heiner Müller, Alexander Kluge, Kristin Schulz und Frank Hörnigk. Redaktion: Katrin Wenzel. Schnitt: Christian Grund. Ton: Holger Kliemchen.
Regie: Stefan Kanis (Ursendung: MDR FIGARO 09.01.2016 | 24’30)
Sphinx der deutschen Geschichte, lustvoller Apokalyptiker, wichtigster deutscher Dramatiker nach Brechts Tod. Mann des Aphorismus, Witzeerzähler, mitleidloser Dialektiker. Der aus dem sächsischen Eppendorf stammende Heiner Müller war vieles in einem. 20 Jahre nach seinem Tod, 25 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung wird Heiner Müller wieder gehört. Er hätte über solch kurzatmigen Takt gelächelt, denn Müllers Interesse hing an Epochen, eine Generation ist da die kleinste Einheit. Gern zitierte er Ernst Bloch: die moralische Überlegenheit des Kommunismus liege darin, dass er für den Einzelnen keine Antwort habe. Solche Äußerungen verhalfen ihm zum Ruf, ein Sarkast zu sein, wenn nicht gar ein Zyniker.
Heiner Müllers Stücke, Gedichte und Interviews sind heute Klassiker der Ideologiekritik. 20 Jahre nach Müllers Tod verjüngen die Konflikte im Nahen Osten, der Islamismus, die Situation Griechenlands und der Flüchtlingsstrom die Modellkonflikte seiner Stücktexte. „Wir sind bei uns nicht angekommen, solange Shakespeare unsere Stücke schreibt“. Auf die DDR gemünzt, reicht die Halbwertszeit dieses Satzes weit darüber hinaus, er beschreibt Europa in den aktuellen geopolitischen Verteilungskämpfen.