Ästhetisch provokant, sozial geerdet

Fünftes MANöVER – Festival des Freien Theaters in Leipzig

Nieselregen fällt auf den unwirtlichen Hof der Kulturfabrik Werk II. Die Kneipe hat aus innerbetrieblichen Gründen geschlossen. Kalt ist es sowieso. Trotzdem sammeln sich knapp hundert Leute zu den Highlights des MANöVERS. Dem Veranstalter fällt ein Stein vom Herzen. Wer kennt in Leipzig schon Stefan Pucher, wer besucht schon deutsch-griechische Koproduktionen in englischer Sprache. Missionarsarbeit Jahr für Jahr. Der Unterschied zur euro-scene liegt auf der Hand: Freies Theater in der Sicht des Büros für Off-Theater hat zu tun mit einem fortwährenden Beginnen und Besetzen, fühlt sich dem Kämpfen, Wagen und Verlieren mehr verbunden als dem ruhigen, selbstsicheren Gestalten. Das kostet Nerven und jede Menge Zeit. Wohin mit diesem Theater in Leipzig, wenn das jährliche MANöVER vorbei ist. Diese Frage ist aus Mangel an lokalen Künstlern diesen Schlags (noch) aufzuschieben. Wo sind die heimischen Produktionen, die dem Zuschauer Schauer über den Rücken jagen oder ihm auf groteskeste Art und Weise gründlich zu denken geben? Arbeit für morgen. Fürs MANöVER ’97 kündigt das Büro wieder Produktionen aus den Randzonen Mitteleuropas an. Freies Theater der Region Macedonia. Arbeiten aus den ‚Nationalstaaten‘ Bulgarien, Mazedonien und Griechenland eröffnen Schauplätze der Zwiesprache und Rivalität. Denn Veränderung beginnt immer an den Rändern der Systeme.

Peter Rost

(KREUZER, Dez. 1996)

Bürfo für Off-Theater | www.bfot.de

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