Schlagwort-Archive: Bertolt Brecht

Guter Mensch im schweren Wasser

:Notiz zu „Der gute Mensch von Sezuan“ am Centraltheater Leipzig:
Kathrin Angerers Shen Te hält, was man sich erhofft. Sie steuert die Exaltation des Gutmenschentums zwischen Auflösung und Karikatur der Figur in unmerklicher Mitte. Der Vetter Shui Ta: Was das Kostümbild hier vermag. Ein Dreikäsehoch, der sich an einer Chaplinade versucht. Dieser Shui Ta ist noch zerbrechlicher, als seine von den Wassern der Seele bewegte Schwester. Um so mehr überträgt sich die Verzweiflung ins Parkett, wenn Angerer darum kämpft, sich aus dieser schmalhüftigen Figur in Kraft zu setzen. Weiterlesen

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Der Zögling

:Der jüngste Assistent Brechts:
Der Zögling von Peter Voigt. Mit Peter Voigt und Oliver Urbanski. Regie: Stefan Kanis. Redaktion: Katrin Wenzel. Ton: André Lüer. Schnitt: Christian Grund. MDR 2006. (Ursendung: 10.08.2006)

Peter Voigt war in den 50er Jahren der jüngste Assistent Bertolt Brechts. Vom Frühjahr 1954 an bis zu dessen Tod am 14. August 1956 erlebt er seinen Alltag mit: Die Probenarbeit am Theater, die Wohnung in der Berliner Chausseestraße, das Sommerhaus in Buckow. Er lernt Helene Weigel kennen, Elisabeth Hauptmann, Ruth Berlau. Seine Erinnerungen an diese Zeit hat der Filmemacher Peter Voigt in einer Art Selbstgespräch notiert und für MDR FIGARO gelesen. Peter Voigt, geboren 1933 in Dessau, Autor und Regisseur von Dokumentarfilmen, lebt heute in Berlin. Weiterlesen

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Ökonomie und Hormone

:Brecht wird 100:
Über der Kantine des Berliner Ensembles hängt eine großes Spruchband: „Wer immer es ist, den ihr sucht: ich bin es nicht. Brecht.“ Brecht ehren – aber wie? Der „große Raucher“ gilt als expliziter Kritiker der kapitalistischen Wirtschaftsordnung. Was die Welt im innersten zusammenhält war für ihn seit den zwanziger Jahren klar: die politische Ökonomie. Der Mensch ist vor allem Ware. „Ich weiß nicht, was ein Mensch ist / Ich kenne nur seinen Preis“ singt der böse Reishändler bei Brecht. Oder die Poesiealbumverse des Bettlerkönigs Peachum aus der »Dreigroschenoper«: „Wer möchte nicht in Fried und Eintracht leben? / Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so!“ Das private Elend des Menschen als Folge der Ausbeutungs- und Abhängigkeitsverhältnisse – das ist der zentrale Konflikt der ‘großen’ Brecht-Stücke, das sind die Motive des „Sezuan“, des „Kreidekreises“, des „Galilei“. Auch der Augsburger Rebell hat seinen Marx gelesen. „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“. So kennen wir unseren Brecht aus dem Schulbuch. Weiterlesen

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Brecht auf dem Teller

:DIE RUNDKÖPFE UND DIE SPITZKÖPFE erlebten ihre österreichische Erstaufführung:
Brecht ist auf den Bühnen Österreichs nicht heimischer als in Deutschland. Seine Stücke nicht, vielleicht aber Spuren sei­ner Methode – des ‚eingreifenden Theaters‘. Im Wiener „Macbeth“ ist ebenso Platz für aktuellpolitische Repliken wie in Hellers neuestem Theaterzauber „Sein und Schein“. Leben und Kunst stehen ein wenig näher beisammen. Das Publikum gou­tiert es allemal. Beliebtestes Objekt von Spottversen und Couplets ist derzeit Herr Haider. Haider? – ist Frontmann ei­ner 15-Prozent-Partei, die endlich die Verursacher der wirt­schaftlichen Stagnation Österreichs ausgemacht hat: die Aus­länder. Und eben diesen Gedanken trachtet Haider per Volksbe­gehren zu einem völkischen zu machen. Darüber spricht in Österreich alles. So auch die Aufführung der Brecht-Parabel am Wiener Akademietheater. Handelt sie doch vom ökonomischen Hintergrund rassistischer Ausgrenzungen. Wen wundert’s da, daß Herr Haider einsam das Programmheft ziert. Weiterlesen

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