Die Putzfrauen

Von Volker Braun. Ein Satyr/Hör/Spiel

Ausschnitt aus »Die Putzfrauen«

Mit: Thomas Thieme, Hedi Kriegeskotte, Bernhard Schütz, Marina Frenk und Volker Braun. Dramaturgie: Thomas Fritz. Schnitt: Christian Grund. Ton: Holger König.
Hörspieleinrichtung und Regie: Stefan Kanis (Ursendung: MDR FIGARO, 10.04.2016 | 45’17)

Im September 2013 wurden sie auf einen Schlag entlassen: Über 400 Putzfrauen des griechischen Finanzministeriums, Bauernopfer der von den europäischen Gläubigerstaaten mit Nachdruck geforderten staatlichen Einsparungen.
Doch die Frauen wehrten sich. Öffentlichkeitswirksam demonstrierten sie mit Besen, Schrubber und roten Gummihandschuhen vor dem Finanzministerium, zumal wenn Vertreter der „Troika“ aus EU, Internationalem Währungsfond und Europäischer Zentralbank zu Verhandlungen erschienen. Und errangen mit ihrer Wiedereinstellung einen triumphalen Erfolg, der sie zum Symbol des Widerstands „der Straße“ gegen die verordnete Austeritätspolitik werden ließen. Ihr Held Varoufakis, der hemdsärmlig und ohne Krawatte auftrat, musste gegen ganz andere Mächte kämpfen.
Für Volker Braun ist der Putzfrauen-Protest Ausgangspunkt für ein plebejisches Satyrspiel zum Drama der Schuldenkrise. Dem politischen Prozess und seinen medialen Reflexen setzt er den spielerischen Widerstand antiker Hexameter entgegen, um ihn in komödiantischer Übermalung „zur Kenntlichkeit zu entstellen“.

Volker Braun, geboren am 7. Mai 1939 in Dresden, arbeitete nach dem Abitur u.a. als Tagebaumaschinist. Er studierte Philosophie in Leipzig, 1965 holte ihn Helene Weigel an das Berliner Ensemble, wo sein erstes Stück „Die Kipper“ inszeniert (und verboten) wurde. Später war er Mitarbeiter am Deutschen Theater und von 1979 bis 1990 am Berliner Ensemble. Er ist Mitglied der Berliner Akademie der Künste. Büchner-Preis 2000. Volker Braun lebt als freier Schriftsteller in Berlin und veröffentlicht Theaterstücke, Lyrik, Prosa, Essays und Tagebücher. Die letzten Hörspielinszenierungen des MDR waren „Der berüchtigte Christian Sporn“ (2005) und „Das Mittags-Mahl“ (2009).

„Die Methode, auf antikisierender Folie die Gegenwart zu beschreiben, war in der DDR das Mittel der Wahl um das eigene kleine Land in einem heroischen Kontext kritisierbar zu machen. In den gegenwärtigen europäischen Übergangsgesellschaften wirkt die mythische Dimension jedoch nur wie eine Kulisse. Eine Erinnerung, die im Vergessen verschwinden wird. Zusammengehalten wird die gegenwärtige europäische Union nicht von einer Tradition oder einer Idee, sondern von ihrem formalen Gerüst (…) Der Sieg der griechischen Putzfrauen ist da nur ein kleines «Erreichnis» am Rande und Volker Brauns Stück ein kulinarisches Aperçu dazu.“ (Jochen Meißner; Medienkorrespondenz 8/2016)

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