Das ‚Deutschlandgerät‘

Hörspiel von Ingo Schulze

Ausschnitt aus »Das Deutschlandgerät«

Aufnahmen zu "Das Deutschlandgerät" im Kunstmuseum Moritzburg Halle a.d.Saale (Foto: Thekla Harre)

Mit: Thomas Thieme, Kai Scheve, Bettina Hoppe, Imogen Kogge, Ulrike Krumbiegel, Maria Radomski und Elisabeth Möckel. Dramaturgie: Thomas Fritz. Schnitt: Christian Grund. Ton: Holger König.
Regie: Stefan Kanis (Erstsendung: MDR FIGARO für das ARD-Radiofestival am 07.09.2014 | 75’00)

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Aus der Jurybegründung zum Hörspiel des Monats Oktober 2014:

„… Entgegen dem Metapher-schweren Titel vom „Deutschlandgerät“ (einem hydraulischen Gerät zum Aufrichten von entgleisten Lokomotiven) und einem Programmumfeld zum Mauerfall ist Ingo Schulzes Hörspiels nicht auf eine deutsch-deutsche Literatengeschichte zu reduzieren. Vielmehr ist ein faszinierendes Hörspiel um Anpassung, Einverständnis und Widerspruch entstanden.“

Die „Funkkorrespondenz“ schreibt:

„(…) in der 75-minütigen Inszenierung von Regisseur Stefan Kanis (ist) die Soundspur des Hörspiels kaum zu überschätzen. Denn mit der Klangdimension der Rauminstallation kommunizieren Kompositionen von Jörg Widmann und Songs der Hamburger-Schule-Band Tocotronic, die die Gläser der Vitrinen ebenso zum Erzittern bringen können wie der Sound fahrender Autos aus Muchas Installation. Eine Überblendung des Fernsehtons der Talkshow von Anne Will darüber, ob die DDR ein „Unrechtsstaat“ genannt werden darf, soll oder muss, mit dem Tocotronic-Song „Explosion“ verleiht dem Hörspiel nicht nur einen aktuell-politischen Bezug, sondern reizt in einem grandiosen Crescendo die akustische Dynamik voll aus.“ Jochen Meißner (Funkkorrespondenz 37/12.9.2014)

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In der DDR wusste jeder, wer Claasen war, auch wenn er das eine Buch, das von ihm hatte erscheinen können, nicht kannte. Aber der Mann war ein aufrührerischer Geist und hatte dafür im Gefängnis gesessen!

Nach seiner Abschiebung in den Westen kommen Interviews, Preise und Stipendien. Seit dem Mauerfall aber und erst recht seit den NATO-Luftangriffen auf Serbien erregt sein Nonkonformismus Befremden. Würde sich der notorische Außenseiter in dem Film, in dem er Reinhard Muchas Düsseldorfer Re-Installation „Das Deutschlandgerät“ vorstellen wollte, erklären können? Doch bevor es zu den Aufnahmen kommt, stirbt der herzkranke Claasen.

Damit die Autorin ihren Film nicht aufgeben muss, soll ein jüngerer Kollege dessen Part übernehmen. Doch der zuckt zurück. Zu viel Unausgesprochenes verbindet ihn mit dem jahrzehntelangen widerspenstigen Vorbild. Oder hat er einfach Angst vor dessen politischer wie künstlerischer Haltung? Nur – der Tote selbst gibt keine Ruhe und ergreift zunehmend von ihm Besitz.

 

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