Sei einfach!

Theater „Struktur fokal“ zeigt das Märchenspiel „Garnichtwild“ im Werk II

Garnichtwild ist eine possierliche Geschichte und in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Da darf man sich erstens über einen Text freuen, der eine simple Geschichte erzählt. Zu simpel um vordergründig pädagogische Ambitionen zu hegen. Mädchen Jule träumt sich auf der Frühlingswiese in ihre blumige Welt, der Novize Arthur betritt das Areal, eine kleine feine Verliebtheit keimt auf, aber Arthur gehört ja ins Kloster. Das stiftet Probleme, die jedoch von Hexe Garnichtwild im Besenumdrehen gelöst werden. Julchens Opa unterfüttert die Geschichte mit ein wenig sozialem Hintergrund, knurrt hier und mäkelt dort, ohne jedoch den lieblichen Lauf der Dinge ernsthaft zu gefährden.

Der Text scheut sich nicht vor poetischer Überhöhung, greift in den Vers ebenso wie zum Wortspiel oder Schlußreim. Ein wenig unterbelichtet nur die Gegenseite der Militärs, die einen nicht näher bezeichneten Schatz auf eben jener Wiese bewachen wollen. Darüber mögen die Eltern nachdenken, oder darüber, was es heißt, wenn sich die Welt aufs andere Bein stellt. Autor, Regisseur und Theaterwissenschaftler Marco Süß hat derlei freundliche Sticheleien unaufdringlich in Nebensätzen verpackt.

Was der simplen Geschichte immens gut tut, ist die typisierende Entschlossenheit, der Gestaltungswillen mit dem die jungen Akteure ihre Figuren durchdringen. Da gibt es selten halbherzige Gesten ungewollte Privatismen oder schon dreimal Gesehenes. Das ist Martin Frolowitz als Opa, der einem frühen Chagall entsprungen scheint oder Tanja Gleim, die ihre Hexe aus großer innerer Souveränität, mit schönem Sinn für Rhythmus und ohne jede Scheu vor der Konfrontation mit dem Publikum gestaltet. Die Truppe läßt auf Zukünftiges hoffen.

Stefan Kanis (KREUZER)

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